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  • AutorenbildDr. Gerd Scholl

Mit Design Thinking zum nachhaltigen Onlinehandel

Aktualisiert: 25. Nov. 2019

Im vergangenen Jahr wurden im deutschen Onlinehandel weit über 50 Milliarden Euro umgesetzt – Tendenz steigend. Für die Umwelt sind damit Chancen und Risiken verbunden. Nachhaltige Produkte, die derzeit noch ein Nischenangebot darstellen, werden sichtbarer und zugänglicher. Auf der anderen Seite erzeugen allein die mit dem Onlinegeschäft einhergehenden Retouren eine Umweltbelastung, die – laut einer Studie der Universität Bamberg – täglich etwa 2.200 Autofahrten von Hamburg nach Moskau entspricht.

Im Rahmen der Leuchtturm-Initiative „Wege und Bausteine einer digitalen Agenda für nachhaltigen Konsum“ von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt haben wir daher zusammen mit knapp zwanzig Unternehmens- und Branchenvertretern in einem eintägigen Workshop „NEUE IMPULSE! für mehr Nachhaltigkeit im Onlinehandel“ gesetzt. In der Moderation, die ich mir mit meinem geschätzten Kollegen Steffen Bahnsen geteilt habe, haben wir ausgewählte Kreativmethoden des Design Thinking eingesetzt.


Im ersten Schritt haben die Workshop-Teilnehmer in Kleingruppen Herausforderungen und Handlungsbedarfe für das Themenfeld identifiziert. Vor diesem Hintergrund sollten sie Ideen für einen nachhaltigen Onlinehandel entwickeln. Dafür haben wir sie zunächst mit den Prinzipien des Design Thinking vertraut gemacht. Alle Teilnehmer erhielten eine leere Vorlage mit den „Design Thinking Prinzipien“ und haben diese dann selbst illustriert – mit teils erstaunlichen Ergebnissen.

Mit den verinnerlichten Prinzipien und den Leitfragen „Was?“, „Für Wen?“ und „Wie?“ gingen die Kleingruppen anschließend in die Ideenentwicklung. Sehr bald waren die Pinnwände mit einer Flut von Zetteln gespickt. Dieser Schritt war allerdings auch anspruchsvoll, weil es für viele Teilnehmer sehr ungewohnt war kunden- und lösungsorientiert zu denken. Häufig hatten die Ideen daher eher den Charakter einer Themenbeschreibung. Gelernt haben wir hier, dass wir an dieser Stelle stärker in die Konkretisierung gehen müssen – etwa mit einem Prototyping, also einer anfassbaren Ausarbeitung einer Idee.


Im nächsten Schritt sortierte jede Gruppe ihre Ideen/Themen im Sinne eines Thermometers von oben nach unten entsprechend ihrer Wichtigkeit. Die wichtigsten Ideen/Themen sammelten wir ein und sortierten sie thematisch an der Marktplatz-Wand im Plenum. Danach verteilten die Teilnehmer Prioritäten-Punkte. Dabei sollten sie eine Reihe von Auswahlkriterien berücksichtigen: Beitrag zum nachhaltigen Konsum, Digitalisierungsgehalt, Nutzen für die Zielgruppe sowie Beispiel- bzw. Vorbildcharakter. Bei den auf diese Weise topgerankten Ideen geht es beispielsweise um die Frage, wie man Künstliche Intelligenz für die Förderung eines suffizienten Konsumverhaltens nutzen kann oder wie Informationen zur Nachhaltigkeit von Produkten und Dienstleistungen im E-Commerce besser verfügbar gemacht werden können.


Die Produktivität des Teilnehmerkreises war erstaunlich. Innerhalb kurzer Zeit erarbeiteten sie in einem ko-kreativen Prozess konkrete Entwicklungsmöglichkeiten für einen nachhaltigeren Onlinehandel. Überdies entstand unter den Teilnehmenden eine überraschend hohe Verbindlichkeit. Sie führte dazu, dass sich etliche bereiterklärten, sich in den Follow-Up-Prozess zum Workshop einzubringen. Wesentlich zu diesen Ergebnissen beigetragen hat Design Thinking. Es schafft eine aktivierende und energetisierende Arbeitsatmosphäre, die dazu einlädt „out of the box“ zu denken. Und es ermöglicht offene und unvoreingenommene Begegnungen, die berufliche Kontakte und neue Arbeitsbeziehungen fördern. Und last but not least: es macht sehr viel Spaß!


Quellen

Universität Bamberg (2019): Retourentacho 2018/2019 ausgewertet. Pressemitteilung Retourenforschung.de. (http://www.retourenforschung.de/info-retourentacho2019-ausgewertet.html; 24.07.2019)

Frick, Vivian et al. (2019): Digitalisierung von Märkten und Lebensstilen: Neue Herausforderungen für nachhaltigen Konsum, hrsg. vom Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau (https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-10-16_texte_124-2019_digitalisierung-von-maerkten-und-lebensstilen.pdf; 25.11.19)

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