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  • AutorenbildDr. Gerd Scholl

Vom Wert des Teilens

Aktualisiert: 10. Dez. 2018

Die Digitalisierung verändert das gesellschaftliche Wertegefüge. Dies kann man an der Sharing Economy gut beobachten. In der neuen Ökonomie des Teilens steht nicht mehr das Besitzen von möglichst vielen Gütern im Vordergrund, sondern der möglichst einfache Zugang zu Gütern genau dann, wenn man sie braucht. Vermittelt wird der Zugang durch Internetplattformen.


Die Beispiele für diese neue digitale Kultur des Teilens sind zahlreich: Daimler und BMW mit ihren fusionierten Car-Sharing-Diensten Car2go und DriveNow, Anbieter für eScooter Sharing wie Coup oder Emmy, Bike-Sharing Dienste wie Call-a-bike, Nextbike oder Lidl-Bike, Tchibo mit seinem Mietkonzept für Baby- und Kinderkleidung „Tchibo Share“ oder der Handelsriese Otto mit seinem Vermietungsangebot für Haushalts-, Freizeit- und technische Produkte „OTTO NOW“. Hinzu kommen etliche Online-Plattformen für das Teilen von Privat zu Privat wie Airbnb oder Wimdu im Bereich von Übernachtungen oder Drivy und Snappcar im Autobereich.


In einem großen Forschungsprojekt haben wir im Rahmen einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage Menschen danach gefragt, wie vertraut sie mit solchen Konzepten sind und was sie von ihnen halten und ob sie solche Dienste schon in Anspruch nehmen beziehungsweise sich dies zukünftig vorstellen können. Folgendes haben wir gefunden:


Das internetgestützte Teilen von Privat zu Privat („Peer-to-Peer Sharing“) wird insgesamt sehr positiv bewertet. Etwa zwei Drittel der Befragten sehen darin eine Möglichkeit Geld zu sparen und die Umwelt zu schonen. Zwar ist aktuell nur jeder Zehnte mit Peer-to-Peer Sharing vertraut. Aber fast jeder Dritte könnte sich vorstellen, Dinge übers Internet mit anderen zu teilen. Je nach Bereich fallen die Potenziale unterschiedlich aus: So praktizieren bisher nur zwei Prozent der Bevölkerung privates Autoteilen und rund zehn Prozent können sich das zukünftig vorstellen. Ihre Wohnung teilen bereits sechs, vorstellen können es sich 15 Prozent. Auf Basis der Daten konnten wir fünf unterschiedliche Sharing-Typen identifizieren:

  • Die „Aktiven“ (10 Prozent) sind eine junge, gut gebildete und urbane Gruppe. Sie kennen sich im Peer-to-Peer Sharing gut aus und schätzen und nutzen es weit mehr als andere. Es passt zu ihrem Selbstbild und Trendbewusstsein.

  • Die „Pragmatischen“ (17 Prozent) sind ebenfalls eher jung und gut gebildet. Oft verfügen sie über wenig Geld. Sie kennen sich gut aus im Sharing und nutzen entsprechende Angebote überdurchschnittlich oft. Ihre Einstellung ist eher durch Pragmatismus als durch Begeisterung geprägt.

  • Die „Aufgeschlossenen“ (19 Prozent) sind eine Gruppe, in der Frauen mittleren Alters überwiegen. Sie kennen sich im Peer-to-Peer Sharing bislang wenig aus, sind aber fasziniert davon und können sich vorstellen, über Online-Plattformen zu teilen. Sie sind besonders von mitmenschlichen Werten motiviert.

  • Schließlich nutzen die beiden Typen „Indifferente“ (35 Prozent) und „Ablehnende“ (19 Prozent) Peer-to-Peer Sharing heute und in Zukunft eher nicht.

Was bedeutet das für Unternehmen? Es bedeutet, dass sich angesichts von Digitalisierung und Wertewandel die Märkte und Kundenbedürfnisse verändern – und das in hoher Geschwindigkeit. Die Wahrnehmung auch schwacher Signale von Veränderung in den gesellschaftlichen Orientierungen wird daher immer wichtiger, wie auch das wiederkehrende Hinterfragen der Sinnhaftigkeit von Geschäftszweck und Geschäftsstrategie.


Literatur


Scholl, Gerd und Maike Gossen (2018): Verbreitung, Potenziale und Zielgruppen des Peer-to-Peer Sharing. In: Behrendt, Siegfried, Christine Henseling und Gerd Scholl (Hrsg.): Digitale Kultur des Teilens. Mit Sharing Nachhaltiger Wirtschaften. Wiesbaden: Gabler, S. 27-51.

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